Bis Ende 2009, so das selbst gesteckte Ziel der serbischen Regierung, sollten alle bislang öffentlich, bzw. in Belegschaftshand geführten Unternehmen privatisiert sein. Druck, die Privatisierung zu beschleunigen, erhielt die Regierung jüngst vom IWF (Internationaler Währungsfonds), der die Zahlungen eines weiteren Milliardenkredits an das Land davon abhängig macht, dass die öffentlichen Ausgaben überprüft und reduziert werden. Prompt kündigte Wirtschaftsminister Mladen Dinkic an, rund 60 000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes (ca. 10 Prozent) zu entlassen! Doch schon vor den absehbaren Folgen dieser Erpressung zeigten sich die Effekte der bisherigen Privatisierungspolitik in einer flächendeckenden Deindustriealisierung, einer drastisch angestiegenen Arbeitslosigkeit (rund 30 Prozent) und einem „Minus-Wachstum“ von vier Prozent.
Für 2010 wird erwartet, dass die Zahl der Empfänger staatlicher Leistungen die Zahl der Beschäftigen übersteigen wird. Doch Betrieb für Betrieb haben die Beschäftigten begonnen sich zu wehren. Nach acht Jahren Erfahrungen mit der Privatisierungspolitik vergleichen sie deren Auswirkungen mit denen der NATO-Bombardierungen und sind auch bei der Wahl der Mittel ihres Protestes nicht zimperlich.
Während die Regierung auf „sozialen Dialog“ mit den Vorständen der etablierten Gewerkschaften setzt, haben viele Beschäftigte das Vertrauen sowohl in die transformierten Staatsgewerkschaften als auch in die „Unabhängigkeit“ der gewerkschaftlichen Neugründungen verloren und sich ihre eigenen Formen geschaffen: Betriebsbesetzungen, Blockaden von Polizeistgationen, Sleep Ins auf Ämtern, Hungerstreiks bis hin zu einer landesweiten Demonstration am 11. September. In die hiesige Presse schaffte es Zoran Bulatiovic, der sich am 1. Mai dJ den kleinen Finger abschnitt und damit den Protest der TextilarbeiterInnen von Novi Pazar gegen die bewusst herbeigeführte Insolvenz ihrer Unternehmen in die Öffentlichkeit trug. Dies war auch die Initialzündung für die Gründung des „Koordinationskomitees für den Widerstand der ArbeiterInnen in Serbien“. Geschätzte 30 000 ArbeiterInnen aus 30 Unternehmen tragen zur Zeit die Proteste. Sie fordern einen Stopp der Enteignungen durch die Privatisierung, Zuschüsse für insolvente Unternehmen, die Auszahlung ausstehender Löhne oder Insolvenzgelder – aber auch die Übernahme und den Erhalt „ihrer produktiven Kapazitäten“. Die folgenden Passagen sind einem längeren Interview des „Global Balkan Network“ mit Milenko Srekovic, dem Sprecher des Koordinationskomitees, entnommen, das in „The Bullet – Socialist Project“ erschienen ist…
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